34. Stadtratssitzung – mit ernsten Folgen für die Colditzer

Abschied von der Pressefreiheit

Abschied von der Pressefreiheit

Die gestrige Stadtratssitzung begann mit dem obligtorischen Teil, ging über in den TOP Einwohnerfragestunde. Hier meldete sich ein Bürger aus der Färberbergsiedlung mit seinen Beobachtungen der Geschehnisse der OEWA-Tätigkeit. Ihm war aufgefallen, dass auf dem als Bauland ausgeschriebenen Grundstücken Siedlerstraße 8/10 Bauschutt und Erdaushub in die Abrissgruben verkippt und mit Mutterboden überdeckt wurden. Er war erstaunt, dass die BALin Rößner, die ja Geschäftsführer des Grundstückseigentümers CWG ist, davon nichts wusste. Er betonte, dass es eine illegale Entsorgung und Vermischung von Stoffen ist und war mit ihrer Äußerung, “dass man auf einem Privatgrundstück machen könne, was man wolle..” keinesfalls einverstanden. Für 40 Euro pro qm verkaufe man Bauland und keine Mülldeponie. Die BALin versprach es zu klären und bat ihn, seine Fotos ihr zur Verfügung zu stellen.
Der TOP 17 wurde auf Wunsch des Herrn Lessig vorgezogen. Für die kurzfristig angesetzte 800-Jahrfeier der Erstnennung von Podelwitz am 10. Juni 2017 hatte der Schlossverein einen Zuschuss gewünscht, der aber seitens der Stadt zu hoch sei. Man schlug vor, dass man nur 1000 Euro beisteuern könne, wie es bei anderen Festen bisher üblich war. HAL Kiesel begründete es auch damit, dass es im HH-Plan für 2017 gar nicht vorgesehen war. Erstaunlicher Weise dementierten das die Fraktionen, das vorgestellte Haushaltergebnis wäre ja nach Aussagen des Kämmerer Jahn so gut, dass man sich doch hier einmal etwas mehr erlauben könne, um dieses Fest zu unterstützen. Die Abstimmung erfüllte zwar nicht die gewünschte Summe des Schlossvereines, doch übertraf weit die Vorlage des Rathauses.
Dann folgten verschiedene Infos – die Klagebearbeitung Colditz gegen Grimma beim LG Bautzen ist auf kommenden Dienstag vertagt, in Deutschland habe es noch nie ein solches Verfahren gegeben, dass 2 Kommunen sich gegenseitig wegen eines Schulneubaues verklagen. Gegen den Bau eines Großmarktes in Grimma hatte die Stadt Colditz ihr Weto eingelegt. Der Grimmaer Stadtrat hat dem Bau dennoch zugestimmt. Der Mietvertrag zwischen Stadt und Hausdorfer Sportverein für die Umnutzung der Bowlingbahn zum Stadtarchiv wurde von der Rechtsaufsichtsbehörde des LRA als ungesetzlich beanstandet und muss nun neu formuliert und vom SR abgestimmt werden. Auch die Vergabe der Bauleistungen am Kinderspielplatz Lastau wurde vom LRA zurückgepfiffen – auch hier Formfehler in der Ausschreibung.
Der nächste TOP war die Umschuldung eines Kredites der Stadt von 132.406,45 Euro. SRin Dr. Müller stellte die Frage, ob es denn nicht bei der derzeit guten Haushaltlage der Stadt den Kredit komplett zurückzuzahlen und damit die gesparten Zinsen (500 Euro / Jahr) für andere Zwecke zu verwenden. Der Antrag fiel in der Abstimmung durch.
Ein nach Außen als unwichtig scheinender TOP war die Abberufung der Beratenden Ausschüsse. Alle Fraktionen äußerten ihre Meinung fast einheitlich, dass man das gar nicht so schlecht fände, Beratungen zu den jeweiligen Themen im Vorfeld mit den zuständigen Stadträten zu führen, um die ständigen Debatten in den Stadtratssitzungen abzuschaffen. SR Heinz machte aber noch einmal klar aufmerksam, dass das LRA nur die Form der Arbeitsweise dieser Ausschüsse bemängelt, aber nicht ihre generelle Abschaffung gefordert hatte. Dennoch wurde der Antrag zur Abberufung angenommen, die SRe von ihren Aufgaben entbunden. Was dies für uns als Presse für Konsequenzen nach sich zieht, wurde meinem neben mir sitzenden Redakteur der LVZ sofort bewusst – warum soll ich denn dann noch hierher in die SR-Sitzungen kommen, wenn vorher schon alles beschlossen wurde. Wir werden Sie als Bürger nicht mehr korrekt informieren können, was die verschiedenen Meinungen der Stadträte waren, denn zu den internen Sitzungen der SRe ist die Presse nicht zugelassen. Das ist über die Hintertür ein totaler Eingriff in die Pressefreiheit. Wir kommen später noch einmal darauf zu sprechen.
Danach ging es nochmals um einige Punkte; Flächentausch mit anona im Zuge der Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz, Umleitungsbau des Knotenpunktes B 107 / S 44 für die Hohnbacher und Möselner.
Nun folgte der TOP 18 – Anfragen der Stadträte. Auch dieser Mietvertrag der einstigen Bowlingbahn wurde von der Rechtsaufsicht des LRA beanstandet und ist damit nicht rechtskräftig. SRin Dr. Müller wollte endlich einmal wissen, von wem denn dieser Mietvertrag unterschrieben wurde; von BM Schmiedel. Ihre Forderung, in den neuen Vertrag einen Passus einzufügen, dass die gezahlte Pacht nur für dieses Objekt verwendet werden dürfe, wurde wie schon in einer vorherigen Sitzung abgeschmettert. BM Schmiedel reagierte aufgebracht und wehrte sich mit dem Blick zu uns mit der Bemerkung, dass die von der Presse in Umlauf gebrachten Lügen, der HSV stehe vor der Insolvenz, in keiner Weise stimme. Es wäre also Sache des Vereines, die Pachtbeträge nach ihrem Ermessen zu verwenden, das könne und wolle man ihnen nicht vorschreiben.
SR Brandt griff ebenfalls noch einmal diesen Punkt auf. Vor wenigen Tagen fand in der einstigen Bowlingbahn eine Besprechung mit SRen statt, zu der die Presse nicht geladen war. Vorgestellt wurde den wenigen Erschienen das neue Projekt, das plötzlich nicht nur als neues Stadtarchiv, sondern mit anderen Nutzungsmöglichkeiten kombiniert wird. Davon war bisher erstaunlicher Weise nie die Rede. Sie wird aber so vormuliert werden, um in den Genuss von Fördermitteln zu gelangen. Mehrfach hatte SR Brandt schon Vorschläge unterbreitet, über diesen Umbau nachzudenken, hatte sogar Experten des Archivwesens hinzugezogen. Er machte auch den Vorschlag, befristet 1 oder 2 Kräfte einzustellen, um das vorhandene Archivgut nach Wichtigkeit zu sortieren und wenn möglich zu digitalisieren. Mit seinen Vorschlägen fand er kein Gehör, alle wurden abgelehnt. Nun ist erstaunlich, dass die neue Archivfläche genau der Größe der bisherigen (300 qm) betragen wird, bei der Ausschreibung wurde ein viel größeres Objekt (700 qm) gesucht. Also war die Ausschreibung falsch. Man ist sich plötzlich seitens des Rathauses auch klar, dass die Archivarin das Umräumen nicht allein schafft, dass hier vorrübergehend AK eingestellt werden müssen. Wenn der Vorschlag aus dem Rathaus kommt, ist es natürlich etwas Anderes, als der eines Stadtrates der BIC.
SRin Dr. Müller wollte nun von der BALin Rößner gerne wissen, was das Resultat der Umstrukturierung des Bauhofes sei. Die BALin wollte nicht groß darauf antworten, man müsse erst noch einige Zeit warten. Es liefe geordnet, der Winterdienst hätte gut funktioniert. SRin Dr. Müller kritiserte allerdings ihr Verhalten, denn sie selbst hätte doch den Termin einer Zwischenabrechnung gesetzt, 1/4 Jahr und das sei ja nun längst überschritten. Wir müssen nun also noch warten.
Einen enormen Wirbel sorgte noch einmal die Abberufung des CWG-GF Uwe Letzas. Augelöst hatte diesen Streit BM Schmiedel mit einem Artikel im CT 06. Ob der Inhalt den Tatsachen entspricht, können Außenstehende nicht beurteilen. Ist das nicht der Fall, kann sich der Betroffene mit einer Gegendarstellung wehren. Von diesem ihm zustehenden Recht Gebrauch zu machen, hatte der BM dem Riedel-Verlag untersagt. Alles zu diesem Vorgang ist auf unserem Nachrichtenportal colditz24 zu finden. Der Artikel “Rechtsstreit Uwe Letzas / CWG” hat zu einer bisher noch nie dagewesenen Flut an Kommentaren per Mail, Telefon und mündlich geführt. Der Hauptschwerpunkt der Kritik liegt aber nicht in der Sache Letzas, sondern vor allem in der Unzufriedenheit mit den Regierenden im Rathaus. Diese Stimmung, der hier Luft gemacht wird, sollte eher zum Nachdenken anregen. SRin Dr. Müller warf dem BM vor, dass eine Zensur seinerseits gar nicht statthaft wäre, schließlich ist es nicht sein Amtsblatt.. Schmiedel wehrte sich wehemend dagegen und machte allen Anwesenden unmißverständlich klar, dass er weiterhin diese Umgangsart beibehalten werde, er bestimme auch zukünftig, welche Artikel in den redaktionellen Teil kommen und welche nicht. Das Presserecht interessiere ihn nicht, sie können sich für ihre Veröffentlichung eben ein anderes Medium suchen. Unser CT bleibt sauber. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, kann man nur ahnen. SR Heinz fasste das Verhalten des BM mit einer Anmerkung zusammen: Umstände, wie in der Türkei….
Damit war der öffentliche Teil der jüngsten SR-Sitzung beendet.
Eine Anmerkung der Redaktion: Die alte Internetseite der Stadt enthielt ein Gästebuch. Es war angedacht, damit sich Bürger anonym mit ihren Problemen an die Öffentlichkeit wenden können. Leider fand ein Mißbrauch statt, Manche nutzten es, um unter falschen Namen (Viele hießen plötzlich Müller oder Meier) mit defamierenden, bis in´s Persönliche ausartende Artikel in diese Plattform schrieben. Mehrmals habe ich den BM darauf hingewiesen, dass man es technisch ändern könne, um diesen Missstand zu unterbinden. In der neuen Internetpräsenz der Stadt wurde das Gästebuch entfernt. Der Bürger kann sich nur noch direkt an das Rathaus wenden, wovor sich viele Colditzer scheuen. Wir bemerken es auch an der Besucherzahl in den SR-Sitzungen; sie ist stets sehr niedrig. Das angeschobene Projekt colditz 2.0 zielt auch darauf ab, die Bürger zu einer Mitarbeit zu gewinnen. Die eingesandten Fragebögen (auch anonym) waren bei einer Einwohnerzahl von 8.800 ganze 43 – eine erschreckende Zahl.
Wir haben auf unseren beiden Internetseiten diese Möglichkeit den Besuchern weiterhin eingeräumt; sie haben auf www.colditz.info eine Mitteilungsbox und können auf www.colditz24.de ihre Kommentare zu den Artikeln absenden. Wenn sie nicht den Ethikregeln widersprechen, werden sie freigeschaltet.
Übrigens: Am 3. Mai ist internationaler Tag der Pressefreiheit. Sicher werden wir ihn auch in Colditz gebührend feiern.

spiegel

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