
BM-Kandidat Nico Richter wollte das Schloss kennen lernen; wie könnte man es noch intensiver nutzen?
Was macht Schloss Colditz eigentlich so interessant? Es kann nun auf eine über tausend Jahre alte Geschichte zurückblicken. Besondere Aufmerksamkeit erreichte es in und nach der Zeit “Friedrich dem Weisen”. Er hatte, so schätzt man ihn heute berechtigt ein, einen besonderen Weitblick in die Zukunft. Bereits 1523 legte er das nun älteste Wildgehege Deutschlands an, den Tiergarten. Besondere Kräfte setzte er für die Bildung ein. Zu seinem engsten Freundeskreis gehörte nicht nur der Adel selbst, sondern die berühmte Malerfamilie Lucas Cranach und der Kirchen-Reformator Martin Luther. Damit machte er es möglich, dass die evangelische Kirche sich von Sachsen her ausbreitete. Mit der Regentschaft der KFin Sophie und des KFen Christian I. lief eine Epoche, die teils heute noch unserer Leben prägt. Danach zog sich das höfische Leben mehr und mehr in Richtung Dresden; Colditz stand nicht mehr im Rampenlicht. Um das Schloss aber nicht verfallen zu lassen, wurde es zu einer Heilanstalt umfunktionert, mehr auf psychische Krankheiten.
Unrühmliche Jahre stellten Schloss und Stadt Colditz in kein gutes Licht; während der NS-Zeit wurde Colditz zu einer Hochburg. Im Schloss spiegelte sich das an der Aktion T4 wieder. Hunderte psychisch Kranke wurde teils zu Tode gepflegt oder für den Transport nach Pirna-Sonnenstein vorbereitet. Vor wenigen Jahren wurde im Schloss darüber eine Ausstellung eröffnet. Doch mit dem 2. Weltkrieg wurde Schoss Colditz so in´s Rampenlicht gerückt, dass es noch heute Besucher, vor allem aus dem angelsäch- sischen Raum nach Colditz lockt; die Einrichtung des Oflag IV C. Als Vorzeigeobjekt zur Einhaltung der Genfer Konvention waren die Haftbedingungen weit harmloser, als in anderen Kriegsgefangenenlagern. Es waren intelligente Häftlinge, die immer wieder Ausbruchs- und Fluchtversuche planten. Geglückt sind allerdings nur ganz wenige.
Nach dem 2. Weltkrieg fand das Schloss wieder zurück in seine medizinische Nutzung. Auf dem historischen Hinterhof fand die Psychiatrie ihren Platz; im Vorderhof entstand das städtische Krankenhaus und im Nebengebäude eine Poliklinik. Es war ein wahrer Segen für Colditz und seine umliegenden Dörfer. Die letzte große bauliche Aktion war der Anbau eines OP-Saales für den HNO- und Augenarzt. Nach so einer guten gesundheitlich Fürsorge sehnen wir uns heute immer mehr. Marktwirtschaft zeigt sich auch von seinen Schattenseiten.
Seit der Wiedervereinigung konnte das Schloss durch den Freistaat Sachsen von Grund auf saniert werden, die Nutzung als Krankenhaus wurde eingestellt. Es sollte nun wie all die vielen herrlichen Burgen und Schlösser in unserer Gegend eine touristische Attraktion werden, besonders infolge seiner Nutzung als Oflag IV C. In Großbritanien ist der Name Colditz bekannter, als in Deutschland. Seit 2024 ist die tourischtische Betreuung voll in die Hände des Freistaates übergegangen. Die technische Entwicklung hat auch vor Colditz keinen Halt gemacht; die Räume wurden nicht wieder mit dem mittelalterlichen oder KH-Mobiliar ausgestattet. In den begehbaren, relativ kahlen Räumen, können Sie sich mittels Histopad in all die Jahrhunderte der Schlossgeschichte zurückversetzen lassen. Was Sie unbedingt bei einem Besuch mitbringen müssen, ist Zeit. Natürlich können sie auch Relikte aus jener Zeit des Mittelalters sehen; die Schlosskirche wurde restauriert. Im Keller finden Sie den in Fels gehauenen Fluchttunnel. Unter dem Dach über der Kirche finden Sie ein Modell des Gliders, der zwar nie zum Einsatz kam, aber 2012 mit einem Dummi versucht wurde, ob dieser einzigartige Fluchtversuch hätte gelingen können.
Der Bürgermeister-Kandidat Nico Richter sah sich die Räumlichkeiten bei seinem Rundgang etwas genauer an. Ideen und Versionen sind gut, aber man sollte erst einmal den Ist-Zustand kennen. Seine Meinung: “Hier schlummert ein Vermögen und man kann sicher die leerstehenden, nicht musealen Räume noch viel besser nutzen; man muss nach Lösungen suchen”.
Nun, am kommenden Sonntag freut sich das Schloss-Team auf Ihren Besuch. Damit wird die diesjährige Saison eröffnet, Jung und Alt sind herzlich willkommen, für Jeden ist etwas im bunten Programm vorgesehen.
Ich bin stolz, ein solches Juwel in unsere Stadt zu haben. Sehr erfreut wäre ich, wenn die Orgel der Schlosskirche wieder erklingen würde, der Festsaal seine Schönheit für alle zugänglich wäre und man Musik genießen könnte und traumhaft wäre, wenn man wenigstens kurzfristig unseren Cranach-Altar bestaunen dürfte und dieser nicht nur einer fremden Stadt zur Verfügung stünde.