Abschluss des Altstadt-Sanierungsprogrammes

Blick über die Altstadt zum Schloss

Blick über die Altstadt zum Schloss

Das triste Grau ist fast verschwunden

Das triste Grau ist fast verschwunden

Das Marktbild vor 100 Jahren

Das Marktbild vor 100 Jahren

Das Marktbild heute

Das Marktbild heute

Abgeschlossen ist die Altstadtsanierung noch nicht

Abgeschlossen ist die Altstadtsanierung noch nicht

Oft trügt der Schein...

Oft trügt der Schein…

Herrlicher Anblick, doch ein markantes Gebäude steht schon lange leer

Herrlicher Anblick, doch ein markantes Gebäude steht schon lange leer

Das Teilstück LIDL-Markt

Das Teilstück LIDL-Markt

Am gestrigen Donnerstag, dem 3.12.1015 hatte die Stadt in die Aula der Sophienschule zu einer Erläuterung der bevorstehenden Abschluss- rechnung der Altstadtsanie- rung mit Bürgerfragestunde eingeladen. Gekommen waren ca 40 Einwohner, meist welche, die damit zu tun haben. Was erwartet sie demnächst? Das Programm “Altstadtsanierung” läuft inzwischen fast 25 Jahre. Was sich in dieser Zeit getan hat, lässt sich am Besten aus der Luft bewerten. Das triste Grau in Grau ist fast völlig verschwunden, die Stadt hat heute ein ansprechenderes Aussehehn, als vor dem Beginn der Maßnahmen. In dieser Zeit wurden fast 9 Mio Euro aufgewandt, etwa 55% in kommunale, 45% in private Grundstücke gesteckt. Nun heißt es zum Abschluss, das vertragsgemäß die Grundstückseigentümer des Altstadtsanierungsgebietes anteilig die Kosten zu zahlen haben. Ein Zurück gibt es nicht mehr, denn Vertrag ist Vertrag, auch wenn er vor über 25 Jahren geschlossen wurde, so eindeutig Bürgermeister Matthias Schmiedel. Er wies auch auf eine Klausel hin, dass denen ein Rabatt von bis zu 20% eingeräumt wird, wenn sie umgehend zahlen. Dieses Geld bleibt komplett in der Stadtkasse und könnte die Basis für weitere Sanierungsaufgaben verwendet werden. Zahlen die Betroffenen aber nicht vorfristig, dann wird die volle Summe fällig, geht aber direkt an den Bund. Es betrifft aber auch Jene, die keine Fördermittel beantragt oder erhalten haben. Der mehrmals gegebenen Hinweis der Bauamtsleiterin Frau Rößner, den Rabatt zu nutzen und damit Geld zu sparen, fanden einige Gäste wohl nicht zum Lachen. Frau Ratzlaff ergänzte die Antwort zur Zahlungsbereitschaft noch mit einer Erläuterung der Gesetzeslage: Wenn Jemand nicht bereit ist, den ihm auferlegten Betrag zu zahlen, kann er in Einspruch gehen. Wird dieser abgelehnt, müßte er gerichtlich dagegen klagen. Das setzt aber ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten voraus, was mit den Kosten der eventuellen Einsparung keinesfalls in einem Verhältnis stehe. Das war schon ein Hinweis – es lohnt sich nicht, sich der Zahlung zu widersetzen. Völlig irretiert waren die Bürger auch über die völlig unterschiedlichen Höhen der zu zahlenden Beträge pro Quadratmeter Grundstücksfläche (er schwankt zwischen 0,55 und 1,74 Euro – derzeitiger Stand), die durch die Splitterung des Gesamtgebietes in einzelne Bereiche entstanden sind. “Wieso müssen wir in der Töpfergasse fast das Doppelte bezahlen, wie die aus der Schlossgasse? Dort ist doch auch alles schön gemacht worden!” Diese Fragen sind nicht völlig unberechtigt, Frau Ratzlaff berief sich aber auf eine Expertenkommission, die das Gutachten erstellt habe. Eine weitere Frage: Wer zahlt denn die Gebühr für die Grundstücke, die im Sanierungsgebiet herrenlos liegen, oder deren Besitzer es sich gar nicht leisten können? Der BM – ja wahrscheinlich die Stadt. Was den Besuchern aber viel mehr Frust bereitet, ist die Tatsache, dass die Bodenwerte eine rein bürokratische Bewertung sind. Die Realität sieht ein wenig anders aus. Zwar haben die Stadt schon vor dem Sanierungsprojekt viele Hochwasser heimgesucht, so Frau Rößner, was aber die Grundstücksbewertung nicht beträfe. Hier gehe es um den Einsatz der Fördergelder. Wenn vor der Haustür eine Straße durch die letzten Hochwasser beschädigt wurde, musste sie natürlich wieder in Ordnung gebracht werden, allerdings aus einem anderen Geldtopf. Die Grundstückseigentümer der Hochwassergebiete sahen das aber wesentlich anders: der Grundstückswert spielt heute keine Rolle mehr, sie lassen sich einfach nicht mehr verkaufen. Der Bedarf bestimmt den Preis und die demografische Entwicklung der Stadt und die fehlenden Arbeitplätze in der Region lässt die jungen Leute abwandern und damit lassen sich Grundstücke in solchen Gefährdungsgebieten kaum noch verkaufen. Der ermittelte Bodenwert und der reale Grundstückswert klaffen weit auseinander. Das bringt automatisch die Frage mit sich; warum sollen wir denn dafür noch zahlen? Eine weitere Frage war, warum für die Teilflächen Pestalozziestraße und Wassergasse noch keine Werte festgelegt wurden (die Gebiete waren auf der Karte nur schraffiert dargestellt)? Die Antwort von Frau Ratzlaff: Dafür fehle dem Gutachten die Werte der Experten, das würde noch nachgereicht. Es ging mit der Frage aber in eine andere Verdachtsrichtung. Genau in dieses Gebiet sind sicher viele Fördermittel geflossen, die alten Häuser wurden abgebrochen und es entstand ein ansehnlicher Platz. Doch ist der Konzern LIDL, der größte Nutznießer dieser Maßnahme bereit, auch seinen Anteil zu zahlen, oder findet er wieder eine Gesetzeslücke, dass man ihn davon befreien kann? Nach einer relativen Ruhe im Saal, während der eigentlich nur wenige Bürger eine Frage stellten, machte sich Herr Gorny noch einmal kräftig Luft. Er forderte die Stadt auf, das gesamte Vertragswerk noch einmal zu überdenken, neu zu verhandeln und die Kosten aus dem Stadtsäckel zu übernehmen. Schließlich käme es ja allen zugute. Seitens der Stadt machte man ihm da wenig Hoffnung, denn Vertrag ist Vertrag und daran habe man sich zu halten. Sicher wird es diesbezüglich noch eine ganze Reihe von Auseinandersetzungen geben. Die erste Einsicht kam aber dann vom Bürgermeister insofern, dass man die geplanten Sprechzeiten für die Bürger (es sind ja fast alles Colditzer) nicht im Bauamt in Hausdorf, sondern im Colditzer Rathaus durchführen wolle.
Als einen grandiosen Erfolg kann man die Altstadtsanierung nicht bewerten. Wer genau hinschaut, muss feststellen, dass verschiedene Gebäude zwar rein äußerlich schön aussehen, doch sie stehen aus den verschiedensten Gründen seit vielen Jahren leer. An anderen Grundstücken wurde noch nicht einmal mit Restaurierungsarbeiten begonnen. Das wird sicher auch demnächst selten geschehen, denn jeder Investor stellt sich zu allererst die Frage: lohnt sich das überhaupt? Der demografische Wandel hat die vor 25 Jahren über der Stadt schwebende Euphorie längst aus den Köpfen verjagt. Daran wird sich auch in Kürze nicht viel ändern, denn in den letzten Wochen schlossen in der Stadt mehrere Betriebe (2 Autohäuser, der Hagebau-Markt, 1 Einkaufsmarkt usw.) Diese Kette wird in nächster Zeit weitergehen, denn für die kleinen Geschäfte und Betriebe, selbst in der 1A-Marktlage, wird die Überlebenschance immer geringer. Die beiden klassischen einstigen Geschäftsstraßen Bader- und Töpfergasse weisen immer mehr geschlossene Läden auf, kein gutes Omen für die Zukunft der Stadt. Es wird Sache der Stadtverantwortlichen sein, eine Lösung zum Abbremsen dieser Kettenreaktion zu suchen, statt mit sinnlosen Streitereien ihre Zeit zu vergeuden.

spiegel

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