Colditz in Fahrt

Bürgercenter Colditz

Bürgercenter Colditz

Debatte mit LT-AP S,-G. Kirmes (li.), 2 Gästen, BM R. Zillmann und LR H. Graichen

Debatte mit LT-AP S,-G. Kirmes (li.), 2 Gästen, BM R. Zillmann und LR H. Graichen

Vor rund 4 Wochen weilte Sachsens Ministerpräsident M. Kretschmer (CDU) in Colditz, um in einem offenen Dialog sich Fragen und Wünsche der Bürger anzuhören. Beantworten oder gar klären ließen sich die geäußerten Probleme nicht alle sofort. Unter den Zuhörern weilte damals auch der LT-Abgeordnete Svend-Gunnar Kirmes (CDU). In einer kurzen Einführung erinnerte er heute an jenen Abend und legte seine klare Devise offen: zuhören – ernst nehmen – anpacken. Deshalb hatte er eine Reihe jener Bürger/innen zu einer Gesprächsrunde eingeladen; Thema: Öffentlicher Personen-Nahverkehr. Bei BM Robert Zillmann (parteilos) bedankte er sich, dass dieser die Räumlichkeit des Bürgercenters dafür zur Verfügung gestellt hatte. 14 Gäste waren der Einladung gefolgt, unter ihnen auch 2 Stadträte.
Block eins begann mit den derzeitigen Verkehrsproblemen des Colditzer Ortsteiles Leisenau. 2017, als das Programm “Muldental in Fahrt” in´s Leben gerufen wurde, war man sehr optimistisch. Der Ort, der an der B 107 liegt, freute sich über die Verbesserung der Verkehrsanbindung Richtung Colditz und Großbothen / Grimma. Von da aus geht es dann weiter Richtung Leipzig. Als totalen Fehler schätzen heute die Leisenauer die damit verbundene Entscheidung ein, die Haltestelle vom Ortskern direkt an die Bundesstraße zu verlegen. Das sorgt für Unmut unter den Leisenauern, weil man es nicht versteht, dass dieser kleine Umweg den Busfahrplan schaden sollte. SR Wißmach, damals schon SR, äußerte mißmutig, dass er dem zugestimmt hat, in der Erwartung, mit Punkt 3 wird dann alles besser. Die 3 Jahre dieses Projektes sind aber nun bald abgelaufen, getan hat sich nichts; er muss als SR nun die Schelte der Leisenauer einstecken. Alle 3 Leiter der Gesprächsrunde konnten auch nicht ganz verstehen, wieso man bis heute diesen kleinen Makel nicht beheben konnte. LR Graichen gab zu, dass das Projekt “Muldental in Fahrt” im Moment auf der Stelle tritt; die Auswertung wird aber zeigen, dass man noch Veränderungen treffen müsse. Auch Kirmes stimmte dem zu, dass man schnellstens eine Lösung finden müsse, die Haltestelle wieder in die Ortsmitte zu verlegen. LR Graichen wies alle darauf hin, dass es in diesem Projekt nicht nur um den Schülerverkehr gehe, sondern das Busnetz müsse auch für andere Benutzer attraktiv gemacht werden.
Das nächste Thema befasste sich mit dem kleinen Örtchen Koltzschen. Es ist nicht nur am Rande der Stadt Colditz gelegen, sondern tangiert auch die Grenze zum Landkreis Mittelsachsen. Da zeigen sich noch viel größere Probleme, für die verschiedene Ämter zuständig sind, sich aber offensichtlich untereinander nicht einigen können oder wollen. Nicht nur die Beförderung der Kinder in die Schulen sind organisatorisch schlecht, auch die Nutzung der Verkehrsmittel in die Städte Colditz, Hartha, Leisnig oder Rochlitz sind kaum machbar. Nutzt man einen Bus zur Hinfahrt, steht die Rückfahrt meist in den Sternen. Ein Weiterkommen in die größeren Städte wird dann noch komplizierter. Eine Koltzschnerin wies auch darauf hin, dass man für den Schülertransport im Nachbarkreis für 1,7 km ein Taxi vom Landkreis gestellt bekommt. Bei uns sind es ganze 5 km, aber um eine Fahrtmöglichkeit kümmert sich unser Landkreis nicht. Es geht aber letztlich nicht nur um die Schulkinder, in allen Dörfern wohnen ältere Leute, die nicht mehr selbst mit einem PKW ihre Besorgungen erledigen können. LR Graichen hörte sich diese Problemschilderung an. Eine für alle zufriedenstellende Lösung konnte er aber nicht versprechen. Er musste mit nach Hause nehmen, dass die Verständigung aller Beteiligten, vom Busunternehmen, zu den Schulen bis zum Landratsamt nicht optimal funktioniert, ein organisatorisches Problem. Die beiden Koltzschnerinnen hakten noch einmal nach, dass z.B. Colditz 7.30 Uhr Schulbeginn habe, Rochlitz hingegen hat sich mit dem Busbetrieb geeinigt, beginnt erst 7.45 Uhr den Unterricht. Etwas erbost sagten sie: Wir gehören zu Colditz und da müssen die sich auch um uns kümmern. Eine Mitteilung” eingeschränkter Winterdienst” reicht absolut nicht.
Kirmes übernahm noch einmal das Wort: Gut, dass wir mal den Anfang einer Diskussion gemacht haben. Es wird aber für eine ganze Menge an Problemen keine alle zufriedenstellende Lösung geben. “Hier muss auch getrennt werden, was allgemein interessierend oder eher private Sonderwünsche betreffen. Es kann nicht alles auf die Allgemeinheit deligiert werden. Die Eltern haben auch eine finanzielle Verantwortung, nicht nur der Staat. Oder sollen wir unseren Kindern einen riesigen Schuldenberg hinterlassen?”
LR Graichen sieht das Ganze etwas optimistischer. Der Ausstieg aus der Kohle, der Strukturwandel, hat auch neue Prioritäten gesetzt. Der Schienenverkehr hat Vorrang. Städte, die in den letzten Jahren an das Leipziger S-Bahnnetz angeschlossen wurden, weisen eine kräftigen Schub nach oben nach. Die Leute, auch die es anfangs mit Skepsis sahen, sind heute zufriedener. Die Einführung der neuen Technologien Elektro und Wasserstoff könnte mithelfen, das alles zu beschleunigen. Wir brauchen keine Strecken mehr mit Oberleitungen ausrüsten. Dresden kann in diesem Raum auch nicht mehr die Entscheidungen nach der Wirtschaftlichkeit treffen. Der ländliche Raum darf nicht abgehängt bleiben. Man freute sich zwar auf diesen Zukunftsblick, doch es kam auch Widerspruch. “Man kann den Verkehr in den Großstädten nicht mit dem auf dem Lande vergleichen. Fährst du in Leipzig in höchstens 2 Stunden von A nach B, brauchst du auf dem Lande ein Tagesticket. Besuchst du in der Großstadt eine Abendveranstaltung, kommst du überhaupt nicht mehr weg. Die in Dresden merken das gar nicht, denn die sitzen in ihrem Büro.”
Man sieht, den ländlichen Raum mit seiner Altersstruktur in einen lebenswerten Raum umzugestalten, wird noch enorm viel Zeit und Kraft erfordern. Die geführte Debatte war dennoch ein positiver, erster Schritt in die richtige Richtung,

spiegel

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