Reformationstag 2021 – Zeit zum Nachdenken

Klosterruine Nimbschen

Klosterruine Nimbschen

Der Reformator Martin Luther

Der Reformator Martin Luther

Schloss Colditz - eine Residenz von KF  "Friedrich dem Weisen"

Schloss Colditz – eine Residenz von KF “Friedrich dem Weisen”

Klosterbuch bei Leisnig

Klosterbuch bei Leisnig

Speiseraum im Kloster Altzella bei Nossen

Speiseraum im Kloster Altzella bei Nossen

Das Kloster Sornzig, ein alter Spezialist des Obstanbaues

Das Kloster Sornzig, ein alter Spezialist des Obstanbaues

Was bringt uns das Morgen?

Was bringt uns das Morgen?

Der diesjährige Reformationstag fällt auf einen Sonntag. Im Freistaat Sachsen eigentlich für alle ein arbeitsfreier Tag – außer für die Beschäftigten in medizinischen und sozialen Diensten, im Verkehrs- wesen, im Gastgewerbe, Polizei und Feuerwehr, für alle, die sich rund um die Uhr um unser aller Wohl bemühen.
Lassen Sie uns einen Blick zurückwerfen. 504 Jahre ist es her, als der Mönch Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg nagelte. Das löste damals eine Revolution aus, die weit über die Grenzen Sachsens hinausging. Luther griff die damaligen Verhältnisse an, wo zwischen den kirchlichen und weltlichen Mächtigen eine totale Ausbeutung der kleinen Bürger stattfand. Riesige Ländereien gehörten den Klöstern und Fürsten. Einer Luthers Kritikpunkte war neben dem Kirchenzehnt der Ablasshandel: wie ist es möglich, dass man gegen Geld seine Sünden erlassen bekommt? Reicht dafür nicht allein der Glaube an Gott?
Hier in Sachsen fanden wesentliche Ereignisse statt, die letztendlich zur Durch- setzung der Reformation führten. Eine Revolution braucht Anhänger und Unterstützer, um seine Gedanken umzusetzen. Luther hielt viele Vorträge, um für seine Thesen zu werben, darunter fielen bei uns Grimma, Leisnig und das weiter entfernte Wittenberg. Zu seinen persönlichen Freunden hier vor Ort gehörten Johann von Staupitz und der in Colditz geborene Wenceslaus Linck. Der damals Sachsen regierende KF Friedrich III. galt als Unterstützer dieser aus heutiger Sicht so umfassenden Veränderungen weltweit. Nachdem sich Papst und Kaiser gegen Luther zur Wehr setzten, ihn in Worms verurteilten, gewährte ihm KF Friedrich der III. auf der Wartburg Unterschlupf und sorgte damit, dass Luther die Bibel übersetzen konnte, um das Schriftwerk dem Fußvolk zugänglich zu machen. Mit der Erfindung des Buchdruckes ist es heute das meist verkaufte Buch der Welt. Wittenberg wurde durch den KFen zur Universitäts- stadt; alles, vor allem seine Einstellung zur Gleichbehandlung der Menschen brachte, ihm später den Beinamen “Friedrich der Weise” ein; er hatte einen absoluten Weitblick. Doch wurde mit der Einführung des evangelischen Glaubens und Abtrennung von den anderen Religionen die Reformation beendet? Konnte Luthers Theorie für die Zukunft standhalten, den Streit zwischen Kirche und Staat gegen das Fußvolk für immer beizulegen? Innerhalb weniger Jahre wurden die vielen Klöster aufgelöst, die dazugehörigen Ländereien an neue Besitzer vergeben. Es war ein kollosaler Umbruch der bis dahin gewohnten Lebensweisen. Am besten überstanden haben ihn die Mächtigen von Kirche und Staat.
Doch die Zeit ist in den vergangenen 5 Jahrhunderten nicht stehen geblieben; einen wesentlichen Umbruch brachte die Industriealisierung im 19. Jahrhundert mit sich. Erneut änderten sich die Lebenweisen gewaltig, Mächtige wurden immer mächtiger; die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern klaffte immer mehr auseinander – die Probleme breiteten sich weltweit aus. In den jüngeren Jahrzehnten arteten sie in bitteren Kriegen aus, forderten Mio. von Toten. Mit dem Fortschritt der Technik öffnen sich neue Fenster; die Globalisierung hat eine völlig unberechenbare Dimension angenommen, das Tempo ist rasant. Die stattfindende Industrierevolution wird parallel von Kämpfen der verschiedensten Religionen vollzogen. Wie dieser Krieg endet und wer diesen Kampf gewinnen wird, kann niemand vorhersagen.
Doch bleiben wir noch ein Wenig bei unserem Feiertag. Das Wort “Klima” wird stets mit dem “Wetter” verknüpft. Dass wir ihm durch unseren unachtsamen Umgang mit der Natur langfristig derart geschadet haben, ist unumstritten. Ob wir überhaupt in der Lage sind, das Rad rückwärts zu drehen, könnte sich als Irrglaube erweisen. Aber das Klima kann man auch als Bewertung des Mit- und Untereinander sehen. Das hat in den letzten Jahrzehnten besonders gelitten; ein Trend zum Guten scheint Utopie zu sein. Luther hatte diesen Part als gravierenden Fehler festgestellt und seine Thesen weisen uns den Weg zu einem guten Miteinander. Die Kirche sollte dabei eine wesentliche Rolle spielen. Die derzeitige Lage tendiert gerade in die entgegengesetzte Richtung – allein die Kirchenaustritte nehmen als sichtbares Zeichen zu. Die Anzahl derer, die sich in den Gottesdiensten einen Moment der inneren Ruhe gönnen, nimmt ab.
Zur Zeit warten wir gespannt auf eine neue Regierung. Was ab Übermorgen auf uns zukommt, bleibt momentan geheim. Doch eine Frage davon wird überhaupt nicht im Geringsten besprochen – wie sollen die gesetzten Ziele überhaupt finanziert werden? Wie greifen diese anstehenden Veränderungen in unser aller Leben ein? Kehrt sich Luthers These, den Ablasshandel abzuschaffen, nun in´s Gegenteil um?
Was Luthers Kampf gegen die Ungereimtheiten auszeichnet ist, dass er zugeschaut und zugehört hat, was das Fußvolk bedrückt. Ob seine Thesen Gehör finden, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Doch es führte zu einem ungeahnten Umbau zwischen Arm und Reich. Heute wissen wir, dass die Entwicklung in vielen Dingen wesentlich schneller voranschreitet, als früher. Ist es mit dem heutigen Stand zu vergleichen? Vor wenigen Wochen fanden bei uns Bundestagswahlen statt: das Ergebnis lässt in Colditz, dem Landkreis Leizig und Sachsen aufhorchen. Wer meint, das alles einfach ignorieren zu können, wird wohl den falschen Weg wählen. Die Reformation kann sich in einer neuen Variante zeigen – einfach `mal dem kleinen Mann zuhören, nicht nur in die Tasche greifen. Denken wir an die vielen Mitmenschen, die sich Tag und Nacht, an Sonn- und Feiertagen, um unser aller Wohl bemühen – wir sollten ihre Leistung keinesfalls abwerten.

spiegel

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