Wider des Vergessens

Ausstellung zur Euthanasie im Schloss Colditz

Ausstellung zur Euthanasie im Schloss Colditz

Dr Christian Striefler in seiner Festansprache zur Eröffnung

Dr Christian Striefler in seiner Festansprache zur Eröffnung

Ulrich Rottleb in seiner Ansprache

Ulrich Rottleb in seiner Ansprache

Der Künstler Thomas Moecker

Der Künstler Thomas Moecker

Künstler im Gespräch mit den Besuchern

Künstler im Gespräch mit den Besuchern

..auch Dr. Striefler in der Diskussion mit Gästen

..auch Dr. Striefler in der Diskussion mit Gästen

Die Kellerräume unter dem Saalhaus; Zeugen eines unrühmlichen Geschichtskapitels

Die Kellerräume unter dem Saalhaus; Zeugen eines unrühmlichen Geschichtskapitels

Wer zum hinteren Schlosshof, dem ältesten Teil des Colditzer Schlosses läuft, geht an einer alten Tür mit der Nummer 84 vorbei. Es ist nicht die einer Haustür, sondern der Hinweis auf eine Ausstellung eines Kunst- projektes zu einem dunklen Kapitel vom Schloss Colditz während der NS-Zeit, als es noch als Heil- und Pflegeanstalt genutzt wurde. Über viele Dinge redet man gern, macht viel Reklame, um reichlich Besucher anzulocken. Über die unfeinen Dinge hüllt man sich aber meist in Schweigen, versucht sie so zu vertuschen. Auch das weltberühmte Schloss Colditz hat eine solche Epoche durch, die sich aus den Geschichtsbüchern nicht löschen lässt.
Am 13.6. diesen Jahres fand die Eröffnung eines Kunstprojektes statt, das sich mit diesem Kapitel befasst. Ulrich Rottleb arbeitet schon jahrelang an diesem Thema. Als Kulturwissenschaftler und Historiker forscht er an der Kindereuthanasie in Sachsen, arbeitet an einem Gedenkbuch-Projekt “Opfer der NS-Euthanasie – Sachsen” der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein. In seiner Eröffnungsrede fiel es Dr. Striefler sichtlich nicht leicht, die richtigen Worte zu diesem Projekt zu finden. Es ist ergreifend darüber nachzudenken, wie Menschen auf die Idee kommen, “unwertes Leben” auf brutale Weise auszulöschen. Die 84 Opfer, die die Anstalt Colditz verhungert, fast erfroren und so vom Tode “erlöst” verlassen haben, sind nur der Anfang einer großen Krankenmord- aktion, die sich diesem Vorläufer 1940 anschloss. Ulrich Rottleb erklärte auch, dass die Aufarbeitung dieses Kapitels nicht einfach ist, denn aus noch existierenden Unterlagen ist nicht immer eindeutig erkennbar, was die wahre Todesursache ist. Nicht einmal die Angehörigen erfuhren, was mit ihren Familienmitgliedern geschehen war. Nachfahren, die familiär an der Familiengeschichte interessiert wären, leben auch kaum noch. So löst sich ein dunkles Zeitfenster in Vergessenheit auf. Der Künstler Thomas Moecker hat sich diesem Thema angenommen, den Getöteten eine mit Beton gefüllte Matratze hinterlassen. Die kalten Kellerräume, fast ohne jeglichen Putz an den Wänden, mit feuchter Luft gefüllt, sprechen allein für sich. Sie schildern die Umstände, was die Patienten damals erdulden mussten. Die anwesenden Gäste betrachteten diese Ausstellung mit etwas anderen Augen, als es sonst meist üblich ist. Die Fröhlichkeit war aus den Kellerräumen entwichen, es hatte sich Nachdenklichkeit eingeschlichen.
Von nun an ist dieses Kunstprojekt auch für die Besucher zugänglich.

spiegel

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